Unterhalt nach der Scheidung wegen Erwerbslosigkeit, § 1573 BGB
Wer zum Zeitpunkt der Scheidung oder des Wegfalls eines anderen Unterhaltstatbestands
(also im Zeitpunkt der Scheidung oder später z.B. bei Fortfall des Unterhaltstatbestandes "Kinderbetreuung", weil die
Kinder drei Jahre alt geworden sind und keine besonderen Umstände vorliegen)
keine angemessene Erwerbstätigkeit hat bzw. findet,
kann von seinem geschiedenen Ehegatten unter bestimmten Voraussetzungen Unterhalt verlangen.
Die Regelung wurde schon immer kontrovers diskutiert. Denn sie verlagert das
Arbeitsmarktrisiko des Unterhaltsberechtigten auf den Unterhaltsverpflichteten, und das war nie unumstritten.
Dieser Unterhaltstatbestand, den man auch Übergangsunterhalt nennt, hat
Ausnahmecharakter und ist von bestimmten Voraussetzungen abhängig. Er greift im Grunde nur, wenn bzw. so lange es dem bedürftigen
Ex-Ehegatten noch nicht gelungen war, den eigenen Unterhalt "nachhaltig zu sichern".
Der unterhaltsberechtigte Ehegatte hat die volle Darlegungs- und Beweislast für seine
nicht selbst verschuldete, ehebedingte Bedürftigkeit.
Welche Tätigkeit wäre zumutbar?
Gegebenenfalls ist zu klären, welche Tätigkeiten dem/der Arbeitslosen überhaupt zumutbar wären.
Nach dem Gesetz, § 1574 BGB, muss der geschiedene Ehepartner eine
angemessene Erwerbstätigkeit ausüben. Maßgeblich
für die Bewertung sind
- seine/ihre Ausbildung,
- die persönlichen Fähigkeiten,
- die frühere(n) Erwerbstätigkeit(en),
- der Gesundheitszustand,
- das Lebensalter,
- aber auch - als seit dem 01.01.08 nachrangiges Kriterium - die ehelichen
Lebensverhältnisse,
- die Dauer der Ehe
- sowie die Dauer der Kindererziehung.
§ 1574 BGB schützt den geschiedenen Ehegatten vor unangemessenem sozialen
Abstieg.
Lebten die Eheleute beispielsweise während der Ehe in guten bis gehobenen
wirtschaftlichen Verhältnissen, so kann es für den geschiedenen Ehepartner
unzumutbar sein, untergeordnete Hilfstätigkeiten anzunehmen.
Der Gesetzgeber hat zum 01.01.08 aber die Verpflichtung stärker betont, eine
Erwerbstätigkeit aufzunehmen, indem er § 1574 BGB verändert hat.
Gefordert werden eigene Bemühungen, einen Job zu finden.
Wer Unterhalt will, muss ernsthafte Bemühungen um einen Arbeitsplatz nachweisen.
Der Arbeitslose muss nachweisen, dass er sich ernsthaft bemüht, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu
finden, dass ihm dies aber nicht gelungen ist und nicht gelingen konnte.
An den
Nachweis werden hohe Anforderungen gestellt. Der Unterhaltsberechtigte
muss sich bei der Agentur für Arbeit als Arbeitssuchender melden und konkret nachweisen, dass er Stelleninserate liest, selbst
Zeitungsanzeigen aufgibt oder bei möglichen Arbeitgebern nachgefragt hat.
Bisweilen wird verlangt, dass mindestens 20 gezielte und ernsthafte Bewerbungen
pro Monat abgegeben werden.
Unter Umständen ist eine Verpflichtung zur Fortbildung anzunehmen, § 1574 III BGB.
Kommt der/die Arbeitslose diesen Anforderungen nicht nach, so verliert er/sie den Unterhaltsanspruch, es sei
denn, es hätte selbst bei bestem Bemühen niemals eine reale Beschäftigungschance am Arbeitsmarkt bestanden.
Beachten Sie bitte unbedingt, dass stets auch geprüft wird,
ob ehebedingte Nachteile ursächlich für die Bedürftigkeit sind.
Wie lange ist Unterhalt zu zahlen?
Auszug aus dem BGB
§ 1573 Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt
(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§
1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach
der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.
(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen
Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen
Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem
vollen Unterhalt verlangen.
(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis
1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen
sind.
(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die
Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner
Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der
Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise
nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig
gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.
§ 1574 BGB: Angemessene Erwerbstätigkeit
(1) Dem geschiedenen Ehegatten obliegt es, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben.
(2) Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den
Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem
Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht, soweit eine solche Tätigkeit nicht
nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Bei den ehelichen
Lebensverhältnissen sind insbesondere die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege oder
Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen.
(3) Soweit es zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit
erforderlich ist, obliegt es dem geschiedenen Ehegatten, sich ausbilden, fortbilden oder
umschulen zu lassen, wenn ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist.