nachehelicher Ehegattenunterhalt / Bewertung des ehebedingten Nachteils
Der ehebedingte Nachteil
Seit wenigen Jahren ist dann, wenn eigentlich ein Unterhaltstatbestand erfüllt ist, der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten davon abhängig, ob der / die Unterhaltsberechtigte ehebedingte Nachteile erlitten hat.Das bedeutet, dass den Gerichten ggf. dargestellt werden muss, welche beruflichen Chancen mit Hinblick auf die Ehe und das Familienleben nicht wahrgenommen wurden.
Der BGH führt dazu in einer Entscheidung vom 05.12.12 - Beschluss in der
Sache XII ZB 670/10 - sinngemäß aus:
Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss das Gericht Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten und zu dem Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt oder das er erzielen könnte.
Die Differenz ergibt den ehebedingten Nachteil.
Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs besteht in dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte.
Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss das Gericht Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten und zu dem Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt oder das er erzielen könnte.
Die Differenz ergibt den ehebedingten Nachteil.
Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs besteht in dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte.
Das bedeutet, dass das Gericht einerseits ermittelt, welches Einkommen der Ehegatte hat, der Unterhalt begehrt, oder welches Einkommen er / sie bei entsprechenden Bemühungen erzielen könnte.
Diesem zur Verfügung stehenden Einkommen wird dann hypothetisch gegenübergestellt, wie der Unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte da stünde, wenn er / sie nicht geheiratet und nicht Kinder erzogen hätte.
Welchen Verlauf hätte die Karriere ohne die Ehe genommen, welches Einkommen stünde heute zur Verfügung?
Diese Überlegungen bilden nur einen Prüfungspunkt. Denn ob überhaupt Unterhalt begehrt werden kann, ist zunächst davon abhängig, ob ein Grund für die Gewährung von Unterhalt besteht, also ein Unterhaltstatbestand erfüllt ist.
Ferner kann nur Unterhalt verlangt werden, wenn der andere Ehegatte entsprechendes Einkommen hat.
Beispiele
In diesem Zusammenhang ist ein Beschluss des BGH vom 26.03.14 - XII ZB 214/13 - zu erwähnen, in dem der BGH einiges zu dem Begriff des ehebedingten Nachteils ausführt und auch erläutert, wer im Rechtsstreit was beweisen muss.Die Leitsätze:
Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 26.03.14 - XII ZR 214 / 13 -
a) Bei einem betriebsbedingten und damit nicht ehebedingten Verlust des Arbeitsplatzes kann sich ein ehebedingter Nachteil auch daraus ergeben, dass sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene oder fortgeführte Rollenverteilung zunächst nur in einem eingeschränkten Radius und später gar nicht mehr um eine seiner beruflichen Qualifikation und Fähigkeiten entsprechenden Stelle bewirbt (im Anschluss an Senatsurteile vom 07.03.12 - XII ZR 25/10 -, FamRZ 2012, 776 und vom 20.02.13 - XII ZR 148/10 - FamRZ 2013, 860).
b) Auch in einem solchen Fall hat der Unterhaltsberechtigte im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert zu bestreiten und seinerseits darzulegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sind. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müs-sen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen wi-derlegt werden (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 und Senatsbeschluss vom 13.03.13 XII ZB 650/11 FamRZ 2013, 935).
a) Bei einem betriebsbedingten und damit nicht ehebedingten Verlust des Arbeitsplatzes kann sich ein ehebedingter Nachteil auch daraus ergeben, dass sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene oder fortgeführte Rollenverteilung zunächst nur in einem eingeschränkten Radius und später gar nicht mehr um eine seiner beruflichen Qualifikation und Fähigkeiten entsprechenden Stelle bewirbt (im Anschluss an Senatsurteile vom 07.03.12 - XII ZR 25/10 -, FamRZ 2012, 776 und vom 20.02.13 - XII ZR 148/10 - FamRZ 2013, 860).
b) Auch in einem solchen Fall hat der Unterhaltsberechtigte im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert zu bestreiten und seinerseits darzulegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sind. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müs-sen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen wi-derlegt werden (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 und Senatsbeschluss vom 13.03.13 XII ZB 650/11 FamRZ 2013, 935).
Hier ferner eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.01.13 - XII ZR 39 / 10 - (NJW 2013, 866 f.) zu der besonderen Konstellation, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte zum Zeitpunkt der Scheidung aus dem Ausland nach Deutschland gezogen ist. Das Gericht befasst sich in seiner Entscheidung damit, was als angemessener Bedarf des / der Unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten zugrunde zu legen ist, wenn der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte aus dem Ausland stammt.
Die Entscheidung macht über die Bedeutung für die besondere Konstellation (Zuzug aus dem Ausland) hinaus deutlich, wie die ehebedingten Nachteile zu ermitteln sind und dass es einen Mindestbedarf, gewissermaßen ein Existenzminimum gibt
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.01.13 - XII ZR 39 / 10 -
a) Wird ein aus dem Ausland stammender Ehegatte im Zusammenhang mit seiner
Eheschließung in Deutschland ansässig und hätte er ohne die Ehe sein Heimatland nicht verlassen, bestimmt sich sein angemessener Lebensbedarf im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB nach den Erwerbs- und Verdienstmöglichkeiten, die sich ihm bei einem Verbleib in seinem Heimatland geboten hätten.
b) Das von dem ausländischen Ehegatten in seinem Heimatland hypothetisch erzielbare Einkommen ist gegebenenfalls im Hinblick auf Kaufkraftunterschiede an das deutsche Preisniveau anzupassen.
c) Der angemessene Lebensbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten kann auch in diesen Fällen nicht unter das unterhaltsrechtliche Existenzminimum sinken, welches dem in den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen Selbstbehalt eines nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldners entspricht.
Aus den Gründen:
3. Die vom Berufungsgericht nach § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB vorgenommene Befristung des Unterhaltsanspruches der Beklagten hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB.
Danach ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
a) Im Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht mit Recht darauf abgestellt, ob auf Seiten des Unterhaltsberechtigten ehebedingte Nachteile entstanden sind.
Um einen ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs bemisst sich dabei regelmäßig nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte, wobei eine Schätzung entsprechend § 287 ZPO bei ausreichenden Grundlagen zulässig ist (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 11.07.12 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 43 mwN).
aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Beklagte ohne ihre Eheschließung mit dem Kläger nicht nach Deutschland übersiedeln können, sondern sie hätte voraussichtlich weiter in der Ukraine gelebt.
Soweit indessen im Rahmen des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB beim unterhaltsberechtigten Ehegatten ein Vergleich zwischen seiner jetzigen Lebenslage und seiner hypothetischen Lebenssituation ohne Eheschließung angestellt werden muss, kann es in solchen Fällen folgerichtig nicht beanstandet werden, wenn für die Ermittlung eines hypothetischen Erwerbseinkommens auf die Erwerbs- und Verdienstmöglichkeiten des ausländischen Ehegatten abgestellt wird, die sich ihm bei einem Verbleib in seinem Heimatland geboten hätten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Beklagte bei einer Beschäftigung als Sekretärin oder Assistentin der Geschäftsführung in einem ukrainischen Wirtschaftsunternehmen seit 2009 kein Einkommen erzielen können, welches auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Kaufkraft in Deutschland einem Betrag von mehr als 650 € entsprochen hätte.
Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich für die Beklagte kein weitergehender ehebedingter Nachteil dadurch, dass sie durch die in der Ehe gewählte Übernahme der Hausfrauenrolle daran gehindert worden sei, sich durch Fortbildung oder Umschulung weitergehend für den deutschen Arbeitsmarkt zu qualifizieren.
Bei einem im Hinblick auf die Eheschließung in Deutschland ansässig gewordenen ausländischen Ehegatten ist die ungenügende Verwertbarkeit seiner im Ausland absolvierten Berufsausbildung auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht ehebedingt (vgl. Senatsurteil BGHZ 170, 77 = FamRZ 2007, 450, 451).
Auch wenn der Beklagten durch die eheliche Rollenverteilung die Möglichkeit beruflicher Qualifikation für den deutschen Arbeitsmarkt genommen worden sein sollte, würde eine sich dadurch im Zusammenhang mit der Scheidung von dem Kläger ergebende Bedarfslage nicht auf einem ehebedingten Nachteil, sondern auf dem Entgehen von Erwerbschancen beruhen, die sich ihr - als ehebedingter Vorteil - mit der Übersiedlung nach Deutschland hätten eröffnen können. Ihr angemessener Lebensbedarf kann deshalb nicht auf der Grundlage einer fiktiven Erwerbsbiographie bestimmt werden, die erst im Jahre 1990 mit ihrer Übersiedlung nach Deutschland ansetzt.
bb) Allerdings folgt aus dem Begriff der "Angemessenheit" des Lebensbedarfs in § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB zugleich, dass es sich um einen Bedarf handeln muss, der das Existenzminimum mindestens erreicht. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass dieser Bedarf dem in den Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen notwendigen Selbstbehalt eines nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldners von seit dem 01.01.13 800,00 € entspricht, und zwar auch dann, wenn von dem Unterhaltsgläubiger noch eine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. ...
Diesen Bedarf kann auch ein im Hinblick auf die Eheschließung in Deutschland ansässig gewordener Ehegatte als Mindestbedarf verteidigen, weil der unterhaltspflichtige Ehegatte ihn nicht auf eine Rückkehr in sein Heimatland und deshalb nicht darauf verweisen kann, dass sein Existenzminimum unter den dortigen wirtschaftlichen Bedingungen gesichert werden könnte. Dies hat das Berufungsgericht zwar verkannt; seine Beurteilung, dass aufseiten der Beklagten keine ehebedingten Nachteile vorliegen, wird dadurch jedoch nicht in Frage gestellt. Ein ehebedingter Nachteil kann sich für die Beklagte im Zeitraum seit Januar 2009 nur ergeben, wenn und soweit sie ihr unterhaltsrechtliches Existenzminimum nicht zu sichern vermag, obwohl sie eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder bei gehöriger Erfüllung ihrer Erwerbsobliegenheit ausüben könnte.
Davon kann unter den obwaltenden Umständen nicht ausgegangen werden. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Beklagte angesichts ihrer Vorbildung und ihrer in Deutschland erworbenen guten Sprachkenntnisse bei entsprechenden Erwerbsbemühungen eine angemessene Erwerbstätigkeit als Dolmetscherin oder Fremdsprachenkorrespondentin ausüben können.
Schon die der Beklagten in der Ausgangsentscheidung zugerechneten fiktiven Einkünfte entsprachen dem notwendigen Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen nach den im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Leitlinien in der zum Entscheidungszeitpunkt gültigen Fassung. Die Annahme, dass die spätestens seit Sommer 2003 zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtete Beklagte selbst bei zunehmender Berufserfahrung in Deutschland keine Aussicht auf eine Einkommenssteigerung hätte, mit der nachhaltig zumindest der Mindestbedarf gesichert werden kann, erscheint im Hinblick darauf nicht gerechtfertigt.
b) § 1578 b BGB ist allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile beschränkt, sondern erfasst auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität, die auch beim Aufstockungsunterhalt einer Befristung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen entgegenstehen kann (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 25.01.12 - XII ZR 139/09 - FamRZ 2012, 525 Rn. 50). Das Maß der geschuldeten nachehelichen Solidarität bestimmt sich neben der Ehedauer (vgl. ausdrücklich BT-Drucks. 17/11885, S. 6) vor allem durch die wirtschaftliche Verflechtung, die durch den Verzicht des haushaltsführenden Ehegatten auf eine eigene Erwerbstätigkeit und hier insbesondere dadurch eingetreten ist, dass die Beklagte zum Zwecke der Eheschließung ihr Heimatland verlassen hat. Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen im Ergebnis zu einer ungekürzten Unterhaltspflicht bis zum 31.12.08, mithin für mehr als dreieinhalb Jahre nach Rechtskraft der Scheidung und mehr als sechs Jahre nach Zustellung des Scheidungsantrags gelangt. Dieses Ergebnis ist angesichts einer zwölfeinhalbjährigen Ehedauer, des Alters der Parteien bei Trennung und Scheidung, der Kinderlosigkeit der Ehe und des Umstandes, dass der Kläger durch seine Wiederverheiratung neue Unterhaltspflichten eingegangen ist, nach revisionsrechtlichen Maßstäben noch vertretbar.
a) Wird ein aus dem Ausland stammender Ehegatte im Zusammenhang mit seiner
Eheschließung in Deutschland ansässig und hätte er ohne die Ehe sein Heimatland nicht verlassen, bestimmt sich sein angemessener Lebensbedarf im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB nach den Erwerbs- und Verdienstmöglichkeiten, die sich ihm bei einem Verbleib in seinem Heimatland geboten hätten.
b) Das von dem ausländischen Ehegatten in seinem Heimatland hypothetisch erzielbare Einkommen ist gegebenenfalls im Hinblick auf Kaufkraftunterschiede an das deutsche Preisniveau anzupassen.
c) Der angemessene Lebensbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten kann auch in diesen Fällen nicht unter das unterhaltsrechtliche Existenzminimum sinken, welches dem in den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen Selbstbehalt eines nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldners entspricht.
Aus den Gründen:
3. Die vom Berufungsgericht nach § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB vorgenommene Befristung des Unterhaltsanspruches der Beklagten hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB.
Danach ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
a) Im Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht mit Recht darauf abgestellt, ob auf Seiten des Unterhaltsberechtigten ehebedingte Nachteile entstanden sind.
Um einen ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs bemisst sich dabei regelmäßig nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte, wobei eine Schätzung entsprechend § 287 ZPO bei ausreichenden Grundlagen zulässig ist (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 11.07.12 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 43 mwN).
aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Beklagte ohne ihre Eheschließung mit dem Kläger nicht nach Deutschland übersiedeln können, sondern sie hätte voraussichtlich weiter in der Ukraine gelebt.
Soweit indessen im Rahmen des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB beim unterhaltsberechtigten Ehegatten ein Vergleich zwischen seiner jetzigen Lebenslage und seiner hypothetischen Lebenssituation ohne Eheschließung angestellt werden muss, kann es in solchen Fällen folgerichtig nicht beanstandet werden, wenn für die Ermittlung eines hypothetischen Erwerbseinkommens auf die Erwerbs- und Verdienstmöglichkeiten des ausländischen Ehegatten abgestellt wird, die sich ihm bei einem Verbleib in seinem Heimatland geboten hätten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Beklagte bei einer Beschäftigung als Sekretärin oder Assistentin der Geschäftsführung in einem ukrainischen Wirtschaftsunternehmen seit 2009 kein Einkommen erzielen können, welches auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Kaufkraft in Deutschland einem Betrag von mehr als 650 € entsprochen hätte.
Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich für die Beklagte kein weitergehender ehebedingter Nachteil dadurch, dass sie durch die in der Ehe gewählte Übernahme der Hausfrauenrolle daran gehindert worden sei, sich durch Fortbildung oder Umschulung weitergehend für den deutschen Arbeitsmarkt zu qualifizieren.
Bei einem im Hinblick auf die Eheschließung in Deutschland ansässig gewordenen ausländischen Ehegatten ist die ungenügende Verwertbarkeit seiner im Ausland absolvierten Berufsausbildung auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht ehebedingt (vgl. Senatsurteil BGHZ 170, 77 = FamRZ 2007, 450, 451).
Auch wenn der Beklagten durch die eheliche Rollenverteilung die Möglichkeit beruflicher Qualifikation für den deutschen Arbeitsmarkt genommen worden sein sollte, würde eine sich dadurch im Zusammenhang mit der Scheidung von dem Kläger ergebende Bedarfslage nicht auf einem ehebedingten Nachteil, sondern auf dem Entgehen von Erwerbschancen beruhen, die sich ihr - als ehebedingter Vorteil - mit der Übersiedlung nach Deutschland hätten eröffnen können. Ihr angemessener Lebensbedarf kann deshalb nicht auf der Grundlage einer fiktiven Erwerbsbiographie bestimmt werden, die erst im Jahre 1990 mit ihrer Übersiedlung nach Deutschland ansetzt.
bb) Allerdings folgt aus dem Begriff der "Angemessenheit" des Lebensbedarfs in § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB zugleich, dass es sich um einen Bedarf handeln muss, der das Existenzminimum mindestens erreicht. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass dieser Bedarf dem in den Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen notwendigen Selbstbehalt eines nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldners von seit dem 01.01.13 800,00 € entspricht, und zwar auch dann, wenn von dem Unterhaltsgläubiger noch eine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. ...
Diesen Bedarf kann auch ein im Hinblick auf die Eheschließung in Deutschland ansässig gewordener Ehegatte als Mindestbedarf verteidigen, weil der unterhaltspflichtige Ehegatte ihn nicht auf eine Rückkehr in sein Heimatland und deshalb nicht darauf verweisen kann, dass sein Existenzminimum unter den dortigen wirtschaftlichen Bedingungen gesichert werden könnte. Dies hat das Berufungsgericht zwar verkannt; seine Beurteilung, dass aufseiten der Beklagten keine ehebedingten Nachteile vorliegen, wird dadurch jedoch nicht in Frage gestellt. Ein ehebedingter Nachteil kann sich für die Beklagte im Zeitraum seit Januar 2009 nur ergeben, wenn und soweit sie ihr unterhaltsrechtliches Existenzminimum nicht zu sichern vermag, obwohl sie eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder bei gehöriger Erfüllung ihrer Erwerbsobliegenheit ausüben könnte.
Davon kann unter den obwaltenden Umständen nicht ausgegangen werden. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Beklagte angesichts ihrer Vorbildung und ihrer in Deutschland erworbenen guten Sprachkenntnisse bei entsprechenden Erwerbsbemühungen eine angemessene Erwerbstätigkeit als Dolmetscherin oder Fremdsprachenkorrespondentin ausüben können.
Schon die der Beklagten in der Ausgangsentscheidung zugerechneten fiktiven Einkünfte entsprachen dem notwendigen Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen nach den im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Leitlinien in der zum Entscheidungszeitpunkt gültigen Fassung. Die Annahme, dass die spätestens seit Sommer 2003 zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtete Beklagte selbst bei zunehmender Berufserfahrung in Deutschland keine Aussicht auf eine Einkommenssteigerung hätte, mit der nachhaltig zumindest der Mindestbedarf gesichert werden kann, erscheint im Hinblick darauf nicht gerechtfertigt.
b) § 1578 b BGB ist allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile beschränkt, sondern erfasst auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität, die auch beim Aufstockungsunterhalt einer Befristung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen entgegenstehen kann (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 25.01.12 - XII ZR 139/09 - FamRZ 2012, 525 Rn. 50). Das Maß der geschuldeten nachehelichen Solidarität bestimmt sich neben der Ehedauer (vgl. ausdrücklich BT-Drucks. 17/11885, S. 6) vor allem durch die wirtschaftliche Verflechtung, die durch den Verzicht des haushaltsführenden Ehegatten auf eine eigene Erwerbstätigkeit und hier insbesondere dadurch eingetreten ist, dass die Beklagte zum Zwecke der Eheschließung ihr Heimatland verlassen hat. Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen im Ergebnis zu einer ungekürzten Unterhaltspflicht bis zum 31.12.08, mithin für mehr als dreieinhalb Jahre nach Rechtskraft der Scheidung und mehr als sechs Jahre nach Zustellung des Scheidungsantrags gelangt. Dieses Ergebnis ist angesichts einer zwölfeinhalbjährigen Ehedauer, des Alters der Parteien bei Trennung und Scheidung, der Kinderlosigkeit der Ehe und des Umstandes, dass der Kläger durch seine Wiederverheiratung neue Unterhaltspflichten eingegangen ist, nach revisionsrechtlichen Maßstäben noch vertretbar.
Langjähriges Zusammenleben vor der Eheschließung
Die Fragestellungen, die sich um die Feststellung ehebedingter Nachteile ranken können, sind vielfältiger Art.Eine Konstellation, welche die Juristen beschäftigt, ist die, dass die Eheleute vor der Eheschließung bereits lange zusammengelebt und vielleicht Kinder großgezogen haben, wobei ein Partner sein berufliches Fortkommen zurückgestellt hat.
Später wird geheiratet und dann geschieden. Was sind nun ehebedingte Nachteile?
Der Bundesgerichtshof hat sich dazu in einem Urteil vom 20.02.12 - XII ZR 148/10 - geäußert.
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.02.13 - XII ZR 148 / 10 -
a) Die geraume Zeit vor Eheschließung aufgenommene Betreuung eines gemeinsamen Kindes und eine damit verbundene Aufgabe des Arbeitsplatzes begründen keinen ehebedingten Nachteil.
b) Ein ehebedingter Nachteil kann sich allerdings aus der Fortsetzung der Kinderbetreuung nach der Eheschließung ergeben, soweit ein Ehegatte mit Rücksicht auf die eheliche Rollenverteilung und die Kinderbetreuung während der Ehe auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verzichtet. Demgegenüber haben Erwerbsnachteile, die bei dem betreuenden Elternteil bereits infolge der Geburt des Kindes oder durch die in der Zeit vorehelicher Kinderbetreuung getroffenen beruflichen Dispositionen endgültig eingetreten sind und nicht mehr ausgeglichen werden können, weiterhin keine ehebedingten Ursachen (Fortführung des Senatsurteils vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776).
a) Die geraume Zeit vor Eheschließung aufgenommene Betreuung eines gemeinsamen Kindes und eine damit verbundene Aufgabe des Arbeitsplatzes begründen keinen ehebedingten Nachteil.
b) Ein ehebedingter Nachteil kann sich allerdings aus der Fortsetzung der Kinderbetreuung nach der Eheschließung ergeben, soweit ein Ehegatte mit Rücksicht auf die eheliche Rollenverteilung und die Kinderbetreuung während der Ehe auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verzichtet. Demgegenüber haben Erwerbsnachteile, die bei dem betreuenden Elternteil bereits infolge der Geburt des Kindes oder durch die in der Zeit vorehelicher Kinderbetreuung getroffenen beruflichen Dispositionen endgültig eingetreten sind und nicht mehr ausgeglichen werden können, weiterhin keine ehebedingten Ursachen (Fortführung des Senatsurteils vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776).