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Bundesdisziplinargesetz: Beweiserhebung / Beweisantragsrecht des Beamten

Beweisanträge des Beamten im behördlichen Disziplinarverfahrens

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll von Amts wegen alles Bedeutsame ermittelt werden.
Zwar gilt grundsätzlich ergänzend zum Disziplinargesetz das Verwaltungsverfahrensgesetz, aber die Anforderungen an die Aufklärungspflicht müssen hier höhere sein als in einem gewöhnlichen Verwaltungsverfahren.
Ein großer Teil der Disziplinarrechtler vertritt deshalb - wie wir - die Auffassung, dass die erschöpfende Heranziehung aller Beweismittel geboten ist und ggf. die Regeln des § 244 StPO maßgebend sind. Vergleichen Sie dazu zum Beispiel Dr. Hans-Joachim Weinmann, "Zum Beweisrecht des Bundesdisziplinargesetzes", in DöD 2010, 1 ff.

Da aber in der disziplinarrechtlichen Praxis die Betroffenen häufig den Eindruck haben, dass entlastende Umstände unter den Tisch zu fallen drohen, sind ggf. Beweisanträge zu stellen.

Über einen Beweisantrag des Beamten entscheidet der Ermittlungsführer nach pflichtgemäßem Ermessen.
Ist die Möglichkeit gegeben, dass der Beweisantrag für die Tat- oder Schuldfrage usw. von Bedeutung sein kann (Absatz 3 Satz 2), dann muss der Beweis erhoben werden.

Gegen eine Ablehnung steht dem Beamten unmittelbar kein Rechtsmittel zu.
Er kann den Antrag aber im gerichtlichen Verfahren wiederholen.
Das führt dann unter Umständen dazu, dass ein Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen wird an das Oberverwaltungsgericht in Hamburg, weil dieses einem Antrag nicht nachgegangen ist, vgl. BVerwG NVwZ 2005, 1199 f. (Beschluss vom 14.06.05, Aktenzeichen 2 B 108/04)

Das Beweisantragsrecht stand schon immer im Zentrum strafprozessualer Tätigkeit. Die ganz umfassende Dogmatik, die dort gewachsen ist, erschließt sich nicht auf den ersten Blick und man wird bezweifeln müssen, dass jeder Ermittlungsführer sattelfest ist. Damit sind Widerspruchsverfahren und gerichtliche Auseinandersetzungen vorprogrammiert - sofern die Ermittlungsführer Beweisanträge ablehnen.




Für Fachleute ist eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts interessant, mit der einer Revision eines Beamten gegen eine Entscheidung des OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 23.07.09 - AZ: OVG 1 A 2084/07 - stattgegeben wurde, die sich ausführlich mit der Verwertbarkeit anderer Akteninhalte befasste:

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG 2 C 28.10 - vom 28.07.11.

Leitsatz:
1. ...
2. § 96 Abs. 1 VwGO enthält nicht nur den Grundsatz der formellen Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme; der Vorschrift lassen sich auch Maßstäbe für die Auswahl zwischen mehreren zur Verfügung stehenden Beweismitteln entnehmen.
3. Der Grundsatz der materiellen Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verbietet eine Entscheidung des Gerichts allein auf Grund des Inhalts von Vernehmungsprotokollen, wenn einem Beteiligten des gerichtlichen Verfahrens nicht die Möglichkeit eröffnet war, an den Vernehmungen teilzunehmen, und wenn dieser Beteiligte begründet die Vernehmung der - erreichbaren - Zeugen verlangt.
4. Der Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) gebietet eine Beweiserhebung, wenn ein Verfahrensbeteiligter - insbesondere durch einen begründeten Beweisantrag - auf sie hinwirkt oder sie sich hiervon unabhängig aufdrängt. Dies ist der Fall, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung sehen muss.

Allerdings sollten Anwaltskollegen, die sich nur gelegentlich ins Disziplinarrecht wagen, zur Kenntnis nehmen, dass strafprozessuale Routinen hier gefährlich sein können.
So sind Beweisanträge unter Umständen schon weit vor einer mündlichen Verhandlung zu stellen:
Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG 2 B 32.16 - vom 10.04.17

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4. Es liegt auch kein Verfahrensfehler darin, dass das Berufungsgericht der Frage nicht weiter nachgegangen ist, welchen Einfluss die Medikamenteneinnahme des Beklagten auf seine Schuldfähigkeit gehabt hat. Er macht insoweit geltend, dass die von ihm eingenommenen Medikamente im Zusammenhang mit seiner Stoffwechselerkrankung Morbus Meulengracht Einfluss auf seine Einsicht- und Steuerungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt hätten haben können. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass dem in der Berufungsverhandlung gestellten, diesbezüglichen Hilfsbeweisantrag nicht nachzugehen war.
Gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 SächsDG sind bei einer Disziplinarklage Beweisanträge vom Beamten innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Klageschrift zu stellen.
Gemäß Satz 2 dieser Vorschrift kann ein verspäteter Antrag abgelehnt werden, wenn seine Berücksichtigung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Disziplinarverfahrens verzögern würde und der Beamte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist; dies gilt nicht, wenn zwingende Gründe für die Verspätung glaubhaft gemacht werden.

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Dem Beklagten ist die Disziplinarklage mit entsprechender Belehrung am 07.03.13 zugestellt worden. Der in der Berufungsverhandlung am 11.12.15 gestellte Beweisantrag ist damit verspätet. Nachvollziehbar ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die nach dem Beweisantrag erforderliche Einholung eines Sachverständigengutachtens die Erledigung des Disziplinarverfahrens verzögern würde. Zwingende Gründe für die Verspätung sind nicht glaubhaft gemacht worden. Die Einlassung des Beklagten, es habe erst aufgrund einer im Jahr 2015 durchgeführten Genanalyse nachgewiesen werden können, dass bei ihm eine bestimmte angeborene homozygot positive Mutation der UGT1A1 (ein Enzym, dessen reduzierte Aktivität Morbus Meulengracht auslöst) vorliege, stellt ebenso wenig einen zwingenden Verspätungsgrund dar wie der vom Beklagten angeführte Umstand, dass erst durch die Genanalytik sicher bestätigt worden sei, dass die geschilderten Nebenwirkungen bis hin zu dissoziativen Zuständen aufgrund der Kombination der genetischen Mutation mit einer entsprechenden Medikamenteneinnahme auftreten könnten.

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Bereits im Jahr 2001 war dem Beklagten nach seiner eigenen Darstellung bekannt, dass er an Morbus Meulengracht litt, auch wenn er diesem Umstand nach eigenem Bekunden zunächst keine besondere Bedeutung beimaß. Nach der weiteren Schilderung des Beklagten seien bei ihm nach der Verabreichung des Medikaments "Midazolam" am 22.12.12 im Universitätsklinikum Aachen Nebenwirkungen einschließlich dissoziativer Zustände aufgetreten. Erst diese schwerwiegenden Nebenwirkungen hätten ihm bewusst gemacht, dass auch zentrale Nebenwirkungen, d.h. Störungen der kognitiven Leistungen und der Psyche als Nebenwirkungen von Medikamenten bei einem gleichzeitig bestehenden Morbus Meulengracht auftreten können. Spätestens diese Erkenntnis, die der Beklagte rund zweieinhalb Monate vor der Zustellung der Disziplinarklageschrift und rund viereinhalb Monate vor dem Ablauf der Frist zur Stellung eines Beweisantrags erlangt hat, gab ihm ausreichend Gelegenheit den streitgegenständlichen Beweisantrag in erster Instanz zu stellen. Der Umstand, dass erst später die mittels Genanalyse genau bestimmte Mutation des maßgeblichen Enzyms bekannt wurde und er somit erst dann letzte Gewissheit über die medizinischen Vorgänge erlangte, stellt keinen zwingenden Verspätungsgrund für den Beweisantrag dar. Vielmehr wäre die Beweisaufnahme ein probates Mittel gewesen, ihrerseits diese letzte Gewissheit zu verschaffen, sollte es darauf maßgeblich ankommen. Angesichts des vom Berufungsgericht ausführlich dargestellten planmäßigen und kontrollierten Vorgehens des Beklagten bei seinen Tathandlungen und deren Vorbereitung musste sich dem Berufungsgericht eine Beweiserhebung auch im Hinblick auf die vom Beklagten nunmehr geschilderten möglichen Nebenwirkungen der Medikamente nicht aufdrängen.
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Widerspruchsverfahren Widerspruch Gesetz - §§ 41, 42 BDG
Gerichtliches Verfahren Gesetz, §§ 52 ff. BDG Disziplinarklage Antrag des Dienstherrn Bestimmtheit der Klagschrift Beschränkung der Vorwürfe Beweiswürdigung Entscheidung durch Beschluss Berufung Revision Verschlechterungsverbot
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